Dr. Encausse, alias Papus
Die Dreigliederung von Mensch und Welt

Der Mikrokosmos

Wir haben drei Welten kennengelernt: eine obere, eine mittlere und eine untere.
Diese Welten finden ihren Ausdruck im Menschen selbst:
Im Menschen ist
- die obere Welt der Geist, das unsterbliche Wesen, das sich des Nervensystems bedient,
- die mittlere ist das Lebensprinzip, das sich des sympathischen oder vegetativen
Nervensystems bedient
- die untere Welt endlich ist der Körper, der Träger und Erneuerer der materiellen
Hülle des Menschen.
Am 5. März 1887 hielt Karl Graf zu Leiningen einen bedeutenden Vortrag in der Psycho-logischen Gesellschaft in München, der zu Recht in die „Kabbalah" Dr. Encausse's aufge-nommen wurde.
Graf zu Leiningen legte hier eine profunde Studie über die Dreigliederung des Menschen nach der Kabbalah vor. [1]
Nach Leinigen ist der erste Hauptteil, das vitale Prinzip des Körpers, in der Kabbala ,,Nephesh."
Der zweite Hauptteil, der Sitz der Seele und der Sitz des willenshaften Fühlens („Mut"), heißt ,,Ruach".
Der dritte Hauptteil, der Geist mit seinen Kräften, erhält in der Kabbalah den Namen ,,Nes-hamah."

I. NEPHESH:
Betrachten wir zuerst die niederste Stufe, Nephesch: Es ist das Lebensprinzip und bildet die unterste Stufe des Menschen. Es herrscht darin das passive Empfindungsvermögen für die äußere Welt vor, dagegen gibt es dann am wenigsten vom gedanklich-idealen Wir-kungsvermögen.
Nephesch steht in unmittelbarer Beziehung mit den äußeren konkreten Dingen.
Nephesch gliedert sich wiederum auf in drei Hauptabstufungen, ist in sich selbst also wie-der dreigegeliedert nach den Prinzipien, die wir im folgenden bei der Seele, Ruach betrach-ten werden. [2].)

2. RUACH:
Das zweite Fundamentalprinzip des menschlichen Wesens ist Ruach, die menschliche Seele, die für die Einflüsse der Außenwelt nicht so empfänglich und empfindlich ist wie Nephesch; Passivität und Aktivität halten sich darin die Wage. Es besteht in einem mehr innerlichen, mehr idealen Wesen. Dieses zweite Grundelement im Menschen flutet zwi-schen Aktivität und Passivität, zwischen Äußerlichkeit und Innerlichkeit auf und ab.
Ruach besitzt noch die Eigentümlichkeit, sich von allen anderen Teilen als ein spezielles Individuum zu unterscheiden, über sich selbst verfügen und sich nach außen durch willens-freies Wirken offenbaren zu können. Diese ,,Seele", die zugleich der Thron und das Organ des Geistes ist, ist auch ein Abbild des ganzen Wesens. Ebenso wie Nepesch besteht sie aus drei Wirkensgraden.
- So schöpft die Seele einerseits aus dem Konkreten, der stofflichen Realität, die unter ihr stehen, die Fülle der eigenen objektiven Realität und andererseits aus dem Allgemeinen, dh. dem Geistigen, die reine Innerlichkeit, die Idealität. Ruach ist also das Band zwischen Gei-stigem (Allgemeinem) und Materiellem (Konkretem), das im Menschen die übersinnliche Welt mit der realen äußeren Welt verbindet: es ist zugleich die Stütze und der Sitz der Per-sönlichkeit des Menschen.
Die drei Teile von Ruach:
1. wird sie durch Nephesch erregt, das unter ihr steht, und sie beeinflußt es wieder ihrer-seits.
2. steht sie aktiv und passiv in Bezug zum Äußeren
3. Die Beeinflussung, die sie von unten oder von außen empfangen hat, gibt ihr die Fähig-keit, sich hoch genug zu erheben, um in höheren Sphären auf Neschamah, den Geist, wirken zu können.
Obwohl also Ruach eine besondere Existenzform besitzt und individuellen Bestand hat, so ist es doch ebenso wahr, dass ihm der erste Impuls zu seiner aktiven Betätigung von der Erregung durch den konkreten Körper, der unter ihm steht, vermittelt wird.
Das dritte Grundelement des Menschen, Neschamah, kann in dem Sinne als Geist bezeich-net werden, in dem es im Neuen Testament verwendet wird. Hier findet sich nicht mehr pas-sive Empfänglichkeit gegenüber der äußeren Natur vor; die innere Aktivität überwiegt völlig die Rezeptivität. Der Geist lebt sein eigenes Leben nur für die geistige Welt, mit der er in ständiger Beziehung steht.

3. NESHAMAH:

Wie nun Nepesch und Ruach drei verschiedene Existenzstufen einschließen, so unterschei-det die Kabbalah auch in Neschamah dreierlei Grade:

1. steht Neschamah, obwohl es aus sich heraus allein west, in Beziehung zu Ruach nach unten hin.
2. lebt der Geist für und in sich allein
3. steht es in einer doppelten Beziehung zur Gottheit: Der Geist, Neschamah schöpft ganz unwillkürlich aus der ewigen göttlichen Quelle und Iäßt beständig das Werk ihres Lebens nach oben ausstrahlen.

Das eigentliche Geheimnis der Kabbala ist, daß sie nicht nur eine spirituelle Weltsicht ent-wirft, sondern, dass diese Weltsicht gleichzeitig ein spirituelles Bild des Menschen entwirft, des Menschen, wie er geistig in dem geistig geschauten Kosmos drinnensteht. Die Kabbala nennt diesen geistigen Menschen den Adam Kadmon. Es ist der kosmische Mensch, der jeder irdischen Menschenform zugrundeliegt, bzw. der jedem Menschen als Ziel aus ferner Zukunft entgegenleuchtet.
Damit ist das Geheimnis der Beziehung von Mikro-und Makrokosmos angesprochen:
Der Mensch trägt in sich ein Abbild des ganzen Universums und gleichzeitig widerspiegelt der Kosmos in seinen Strukturen den ganzen Menschen, mit all seinen anatomischen und seelisch-geistigen Gegebenheiten. Diese Entsprechung von Mikro-und Makrokosmos darf jedoch nicht nur als allgemein-abstrakte Behauptung dastehen: sie muß ganz konkret an den Einzelheiten des menschlichen Organismus erforscht werden, einer Forschungsrichtung, die Dr. Encausse sehr viel verdankt, hat er doch mit seiner ,,Cabbale" 1903 wesentliche For-schungsbeiträge geliefert, in denen er zum Bild des dreifach gegliederten Menschen gelangte.

DREIFACHE DREIGLIEDERUNG NACH Dr. Encausse

Wir finden nun in jedem der drei Glieder des dreigegliederten Organismus nach Dr. Encausse wieder eine innere Dreigliederung, die dadurch zustandekommt, dass die zwei anderen Systeme einwirken:
,,Es hat das zentrale System, obwohl es besonders im Gehirn, im Kopfe zentralisiert erscheint, doch Ausläufer in Brust und Bauch."
Im Verdauungssystem des Bauchs und in den Adern und Pulsschlag von Herz und Lungen wirken über die Nerven die Impulse des Gehirns immer mit als leitende Kraft, ohne die nichts geordnet vor sich gehen würde.

Das sympathische und Blutgefäßsystem sendet doch, obwohl in der Brust zentriert, Arterien und Venen zu den Systemen der beiden anderen Welten des menschlichen Wesens.
Und obwohl das lymphatische und Verdauungssystem im Bauche zentralisiert ist, versendet es doch Partikel und Gefäße durch den ganzen Organismus."(op. cit.95)
Dies ist ganz analog zu den drei Welten: es findet jede ihre Widerspiegelungen in den zwei anderen, so dass jede Welt eine Dreiheit darstellt.

Diese Spiegelung findet sich nicht nur anatomisch, sondern auch in den Leibesgliedern
des Menschen:
So haben wir im Hauptessystem zu unterscheiden:
1. Geist, der hier lokalisiert ist;
2. Lebensprinzip, das sich hier nur widerspiegelt;
3. Körper, dh. materielles Prinzip, das sich hier nur widerspiegelt.

In der mittleren Ebene, dem Brustsystem, haben wir zu unterscheiden:
1. Spiegelung des Geistes;
2. Lokalisationszentrum des Gefühls;
3. Spiegelung des materiellen Prinzips, des physischen Körpers.

Analog dazu wirkt in der unteren Ebene, dem Stoffwechsel-und Verdauungssystem:
1. Spiegelung des Geistes
2. Spiegelung des Brustsystems von Herz und Lunge
3. Hauptsitz der Verdauung und des Stoffwechselgeschehens
Damit gelingt es Dr. Encausse im Jahre 1903! über ein schubladenhaftes Denken der Dreigliederung hinauszukommen und die subtilen dreifachen Lebens-und Geistesströme, die immer im Menschen wirken, auf eine differenzierte Art zu erfassen.
Lesen wir ein weiteres Kapitel der Kabbalah. Was bedeutet das im vorigen Kapitel Gesagte in kosmischer Hinsicht? Dazu müssen wir nur genau am Sephirotbaum lesen!
Der Mensch lebt im „Reich" der Erde, durch das ihn seine Füße tragen.
Sein Verdauungssystem wirkt im Bereich von Hod, Jesod und Netzah. Das bedeutet aber kosmisch gesprochen nichts anderes als im Bereich von Mond, Merkur und Venus! Diese Planeten wirken also bevorzugt in der Verdauung. Gerade in Hinblick auf Metalltherapie können diese Planeten mit ihren Metallen: Argentum, Merkur und Cuprum hilfreich heran-gezogen werden. Wir werden im Kapitel über Iatromathematik noch näher darüber spre-chen.
Das rhythmische System des Herzensschlages und des Atmens der Lungen lebt in der zweiten Sephirottriade: Chesed, Gedulah, Tipheret und Geburah. Kosmisch befinden wir uns im Bereich der Sonnen-, Mars- und Jupiterwirkungen. Auch hier sei darauf hingewie-sen wie deshalb das Metall der Sonne, das Gold, besonders bei Kreislauferkrankungen zum Zuge kommen kann und Ferrum, Eisen zB. bei Hypotonieproblemen.
Und schließlich das Hauptessystem mit seinem Denken und seiner Leitfunktion im Orga-nismus wird im Bereich von Binah, Hohmah und Kether ganz besonders von Saturn und Tierkreis inspiriert werden. Ja, man kann sogar ablesen, dass das Denken eng zusammen-hängt mit den Sternen! Dass Denken Qualitäten benutzt, die Saturn entsprechen! Man kann deshalb sogar sagen, das jeder Denker sich mit Saturn gut stellen muß, will er ihm nicht erliegen! Dass auch Jupiter eine wichtige Rolle beim Denken spiel, geht auch aus der Lek-türe des Lebensbaumes hervor.